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10291.NT OST
things i learned at school.
1987.
die reaktorkatastrophe ist noch nicht ganz vorbei. wir dürfen immer noch keine äpfel vom baum im garten essen, die ich mit pfeil und bogen runterschiesze. wir haben in diesem jahr kein gemüse angepflanzt. es gibt auch weniger gemüse in der kaufhalle.
1988.
heute haben wir anja die hosen ausgezogen, das war geil. wir haben sie festgehalten zu dritt, also sven, mike und ich. sven an den beinen, mike an den armen und ich habe die hosen runtergezogen. war geil. sie hat gestrampelt und danach ist sauer auf mich gewesen, die andern warn ihr ja sind ihr ja egal. ich habe sie nach der schule angerufen wie immer, sie geht nicht ran.
1990.
ich treffe die andere anja, sven und mike an der deutschen oper. sie sind heute rübergekommen, damit ich ihnen charlottenburg zeigen kann. wir warn bei mcdonalds am zoo.
1996.
ich treffe anja in der raumerstrasze in einem cafe. sie wohhnt dort irgendwo und arbeitet auf dem land sagt sie. wir haben uns verabredet. sie trägt kurzgeschorene haare, ist aber immer noch deutlich sozialistisch und links, im gegensatz zu fast allen andern. ich bin für ein paar monate zu meinem stiefvater nach b. gezogen, weil ich aus meiner wohnung rausgeflogen war; die leute sind mit der schule schon alle fertig und bauen hier häuser, kriegen kinder…, ich werde erst in zwei jahren abi machen und fahre anderthalb stunden durch die stadt zum theo. ich gehe in den jahren abundzu wenn ich in b. bin bei anja vorbei, dem haus ihrer eltern, und werfe briefe in den kasten. meine mutter erzählt auf jedem familientreffen die geschichte von den zettelchen, liebesbriefen von mir und anja, die sie immer aus meinen hosen geklaubt hatte vor dem waschen.
2000.
wir schicken okan, der auch nicht allein einem mädchen die hosen runterzog von einer kinderfahrt nachhause. ich schreibe einen bericht. habe anja nicht vergessen. es gibt in jeder kindheit solche kinder, das mit dem bericht ist trotzdem komisch für mich.
2002.
ich bin wieder ein paar wochen in meinem alten kabuff einquartiert, weil ich stresz mit meiner freundin habe. gehe in den straszen meiner kindheit umher, aber habe mir ein heftchen im zeitungsladen gekauft.
2012.
zum jahrgangstreffen sind nur die anderen beiden anjas da. manche kommen von irgendwoher, einige haben die gegend nie verlassen. die wirklichen rechten sind nicht gekommen, aber mir genügt schon, was ich dort vorfinde.
2016.
heute an einem der geburstage am 12. april, wo ich öfter dort am haus vorbeischaue kommt die mutter raus und gibt mir eine telefonnummer von anja und adresse. ich rufe sie an und treffe sie am abend, es ist ihr 40. geburtstag aber es gibt nur den barkeeper, andere stammgäste und uns, in irgendeiner spelunke im lsd viertel. noch hatte ich sie nicht wieder gesehen, sie macht immer noch irgendwas mit hühnern und ich habe immer noch ein schlechtes gewissen, ein babytuch um den hals und vielleicht eine kippa. aber so war die kindheit, so ist das wohl, erinnern tut man sich trotzdem.
2020.
die auseinandersetzung findet nicht erst heute und hier statt, der text ist im rahmen einer seminaraufgabe bereits linear veröffentlicht worden. den ort habt ihr gewählt, das publikum bleibt sich immer gleich; es hört sich selbst gerne reden und never zu. darum findet ihr mich hier wieder, okan, stephan, konsorten. wo der text endet, müssen Sie entscheiden.
meta
Sie haben diesen text hier aufgerufen, weil SIE wissen wollten, ob er in einem forum aus 5 tauglich ist vorgelesen/diskutiert/“gewertschätzt“ zu werden und ICH eine wie diese bewerbung hier nicht als einseitiges verfahren begreife und meine (bewerbung) Sie deshalb nur zu dieser hier ausgabe des textes führte.1
bitte laden Sie also den text bei bedarf
- hier als pdf
- hier als word dokument
- hier: github, wenn Sie der meinung sind, der text ist noch nicht fertig (dieser meinung bin ich auch)
herunter.
Oder gelangen sie von der jeweiligen version zu dieser hier online ausgabe über diesen link.
Sie haben mir damit freundlich notiz davon gegeben, dasz und wann Sie meinen text gelesen haben.
- static: Sie mögen meinen, es nur mit einem versuch zu tun zu haben. dem ist nicht so. ich begreife jedoch meine (literarische) tätigkeit nicht als aufgabe, zu vollkommen willkürlich festgesetzten terminen mit einem :produkt: aufzuwarten, das zu diesem zeitpunkt (verkauft) wird. die (produktwerdung) des vorliegenden textes geschieht explizit zu dem zeitpunkt, den Sie als :lesung: vorgesehen haben. ob Sie die flexibilität besitzen, Ihre interpretation bis dahin offen zu halten und den mut, den text zu diesem moment :so: zu lesen, wie er dann vorliegt, zeigt Ihre kompetenz, (literatur) auch anders als LINEAR zu begreifen. ↩